Älter als erwartet

Veröffentlicht am: 31.08.2012

Älter als erwartet

Bodendenkmalpflege des Lippischen Landesmuseums weist neue Siedlungsspuren des Mittelalters bei Bentorf in der Gemeinde Kalletal nach

Im Jahr 2009 wurde die Abteilung Bodendenkmalpflege des Lippischen Landesmuseums Detmold darüber unterrichtet, dass auf einem Acker bei Ausschachtungsarbeiten Keramikscherben und Holzkohlestücke zutage kamen. Daraufhin wurde umgehend eine Notgrabung durchgeführt. „Im ausgeschachteten Rohrgraben waren drei angeschnittene Gruben zu erkennen. Aus den Gruben 1 und 2 sowie aus dem Grabenaushub an den jeweiligen Stellen konnte Keramik geborgen werden“, berichtet Dr. Elke Treude, stellv. Leiterin des Lippischen Lan-desmuseums und Bodendenkmalpflegerin.

„Alle drei Befunde waren im oberen Teil durch den Pflug gestört bzw. ‚verwischt‘.
Bei der Grube 1, ca. 4,0 m lang und noch 0,4 bis 0,8 m tief erhalten, handelt es sich wahrscheinlich um die Reste eines sogenannten Grubenhauses. Von den Gruben 2 und 3 war nur ein kleiner Teil erhalten. Diese meist um 3,0 m x 4,0 m großen Gebäude wurden seit den germanischen Siedlungen der römischen Kaiserzeit bis ins hohe Mittelalter meist als Neben-gebäude zur Vorratshaltung oder als Werkstatt genutzt“, erläutert Guido Nockemann, der die Ausgrabung vor Ort leitete.

„Ein Ort namens Bentrope wird das erste Mal 1359 im sogenannten Callentorper Lehnsbrief erwähnt“, so Treude. Der Ortsname wurde im 18. Jahrhundert vom damaligen Amt Varenholz in Bentorf geändert, um Verwechslungen mit anderen lippischen Siedlungen zu vermeiden. „Somit liefern die Grubenbefunde den archäologischen Nachweis von mittelalterlichen Siedlungsaktivitäten im 10./11. bis 12. Jahrhundert aus dem Umfeld von Bentorf noch vor der ersten urkundlichen Erwähnung des Ortes“, betont sie. Die zu diesem Ergebnis führenden Funde werden aktuell im Lippischen Landesmuseum Detmold in einer kleinen Sonderpräsentation der Öffentlichkeit vorgestellt.

„Die Präsentation zeigt zum einen die Arbeitsweise der Archäologen. Zum anderen verdeutlicht sie, welche Ergebnisse auch aus kleinsten Befunden gewonnen werden können, die unser Geschichtsbild letztendlich erweitern“, erläutert Treude. „Ich finde es großartig, dass das Interesse in der lippischen Bevölkerung für die Archäologie bzw. die Geschichte der eigenen Region so groß ist, dass man ungewöhnliche Verfärbungen, Scherbenfunde etc. der Bodendenkmalpflege am Lippischen Landesmuseum meldet“, freut sich Anke Peithmann, Verbandsvorsteherin des Landesverbandes Lippe. „Ich kann nur an die Lipperinnen und Lipper appellieren, bei ungewöhnlichen Funden auf unsere Bodendenkmalpflegerin Dr. Treude zuzugehen.“

Auch Kalletals Bürgermeister Andreas Karger zeigte sich begeistert: „ Die Archäologen haben mit ihren sensationellen Funden frühmittelalterlicher Artefakte, Gebäudereste und weiterer Hinterlassenschaften menschlichen Lebens und Wirkens in der Gegend um Bentorf Licht in das Dunkel der Zeit vor der ersten urkundlichen Erwähnung vor 653 Jahren gebracht. Wir können jetzt nachweislich von einer über tausendjährigen Geschichte Bentorfs sprechen.“